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Hohe Energiepreise verschlimmern den Welthunger

Der brasilianische Regenwald wird für den Anbau von Monokulturen und die Landwirtschaft zerstört. (Bild: Martin Arnold) Der brasilianische Regenwald wird für den Anbau von Monokulturen und die Landwirtschaft zerstört. (Bild: Martin Arnold)

 

Die Folgen der Pandemie, der Kriege und des Klimawandels treiben den weltweiten Hunger an. Das Problem liegt unter anderem an einem System, das auf fossilen Brennstoffen und Dünger basiert.

 

Die Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen (FAO) sorgt sich um die globale Ernährungssicherheit. Am World Food Day organisierte die FAO unter dem Namen «no one left behind» eine Veranstaltung, bei der sie auf die notwendige Transformation der Agrarnahrungsmittelsysteme aufmerksam machte. Schon zuvor war klar, dass Fleisch, Soja, Dünger sowie weitere Faktoren einen negativen Einfluss auf die Umwelt haben. Unterschiedliche Krisen deckten in den vergangenen Jahren die Vulnerabilität der Nahrungsmittelsysteme auf.

 

Die Pandemie, Kriege und die Folgen des Klimawandels verschlimmern laut dem UNO-Welternährungsbericht die Situation. Mit 828 Millionen Menschen hungert rund ein Zehntel der Weltbevölkerung. Seit der Corona-Pandemie sei die Zahl um 150 Millionen Menschen gestiegen. Auch der Krieg in der Ukraine hat starke Auswirkungen, da das Land weltweit eine wichtige Rolle als Getreideproduzentin einnimmt. Somit machen die Vereinten Nationen auf dem Weg zu ihrem Ziel, bis 2030 den Hunger auf der ganzen Welt zu beenden, einen Schritt zurück. Aktuell geht die UNO davon aus, dass 2030 noch acht Prozent der Weltbevölkerung vom Hunger betroffen sein wird. Das sind nur vage Schätzungen. Denn bei der Nahrungsmittelproduktion spielte auch die Energie eine wichtige Rolle. Die FAO steht also vor mehreren Herausforderungen.

 

Mit der globalen Inflation und steigenden Lebensmittelpreisen spitzt sich die Problematik weiter zu. Pandemie und der russische Angriffskrieg haben wichtige Lieferketten unterbrochen. Das Angebot an Getreide-Saat, Fisch und Honig wird dadurch knapper. Damit verbunden sind auch die steigenden Preise für Rohstoffe und Energie – so auch die steigenden Gas- und Ölpreise. Um diesen Faktoren entgegenzuwirken, braucht es ein Umdenken. So müssen unter anderem auch Verschwendungen in der Wertschöpfungskette stark reduziert werden. Ein Drittel des globalen Energieverbrauchs wird durch die Lebensmittelproduktion verursacht. Ein Drittel der Lebensmittel wiederum wird weggeworfen. Es wird demnach nicht nur eine Unmenge an Lebensmitteln verschwendet, sondern auch ein Neuntel der weltweit verbrauchten Energie läuft ins Leere.

 

Lebensmittelproduktion verursacht Fünftel der Treibhausgasemissionen

Da die Lebensmittelsysteme hauptsächlich auf fossilen Brennstoffen basieren, verbrauchen sie nicht nur Energie, sondern produzieren etwa ein Fünftel der globalen Treibhausgasemissionen. Diese werden in jedem Schritt der Produktion ausgestossen. Die Maschinen werden mit Diesel und Benzin betrieben, während der gesamte Prozess mit Kohle- und Erdgaskraftwerken angetrieben wird. Die Folge ist der Ausstoss von CO2. Rinde rund andere Tiere produzieren zudem Methan, während Gülle und Dünger Lachgase freisetzen. Lachgas wirkt etwa 300 mal so stark wie CO2. Der Preis für Dünger hat sich seit 2020 verdreifacht und ist eng an die Energiepreise gebunden. Allein dieses Jahr wurden Düngemittel um 50 bis 70 Prozent teurer.

 

Sie hängen aber auch mit den Weizenpreisen zusammen. Sind diese hoch, so lohnt es sich, in Dünger zu investieren. Kostet der Weizen jedoch wieder weniger, lohnt sich das Düngen nicht gleich. Seit der Pandemie stiegen auch die Logistikkosten und der Handel mit Dünger wurde teurer, was einen Anreiz für die Ausweitung der Produktion darstellt.

 

Laut der FAO zeigen neue Daten, dass die Emissionen in der Landwirtschaft seit 1990 um 15 Prozent gestiegen sind. In den Entwicklungsregionen Afrikas, Südamerikas und Asiens stiegen sie bis zu 50 Prozent. Deshalb sollen durch intelligente Landwirtschaft für diese Wertschöpfungsketten neue Lösungen geschaffen werden. Das Ziel ist es gegen den Klimawandel und die Armut vorzugehen, eine nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Auch Lebensmittelverluste sollen verhindert werden. Denn weltweit gehen 14 Prozent der produzierten Lebensmittel zwischen der Produktion in der Landwirtschaft und dem Einzelhandel verloren. Diese Verluste könnten um 200 Millionen Tonnen verkleinert werden, wenn Entwicklungsländer über dieselben Kühlhauskapazitäten verfügten, wie Industrieländer. Die dafür benötigte Energie soll künftig mithilfe erneuerbarer Energiequellen produziert werden.

 

Fleischproduktion ist am klimaschädlichsten

Nach der Produktion werden Lebensmittel über die ganze Welt transportiert und verteilt. Dabei werden wiederum Treibhausgase ausgestossen. Doch die CO2-Bilanz steht auch in Relation mit der Energie, die in der Produktion, Lagerung und Verarbeitung der Lebensmittel verbraucht wird. So kann es sich je nach Jahreszeit unterscheiden, ob importierte oder heimische Lebensmittel eine bessere CO2-Bilanz aufweisen. Besonders Nahrungsmittel, die per Flugzeug transportiert werden, Tiefkühlkost oder Nahrungsmittel, das in beheizten Treibhäusern wachsen, schneiden hier schlecht ab.

 

Am meisten Energie fällt aber bei der Produktion von Rindfleisch an. Die Treibhausemissionen für ein Kilo Fleisch sind gleich hoch wie bei der Verbrennung von sechs Litern Benzin. Bei vegetarischen Speisen fällt nur etwa ein Drittel davon aus. Zurückzuführen ist das unter anderem auf Soja, das in der industriellen Massenproduktion als Tierfutter eingesetzt wird. Pro Kilogramm Fleisch werden elf Kilogramm Soja benötigt. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Fleisch werden Sojabohnen auf grossflächigen Monokulturen angebaut.

 

Infografik: Regenwaldrodung macht Brasilien zum Soja-Produzenten Nr. 1 | Statista Quelle: Statista

 

Für das Erntejahr 2022/23 prognostiziert das Landwirtschaftsministerium der USA eine weltweite Anbaufläche von Sojabohnen von rund 1.3 Millionen Quadratkilometern. Das ist mehr als die vierfache Fläche Italiens. In Brasilien wurden im Jahr 2020 auf einer Fläche von 371'900 Quadratkilometern Sojabohnen angebaut. Allein im Amazonasgebiet, das dafür gerodet wird, hat sich das jährliche Wachstum der Anbaufläche für Soja seit dem Jahr 2000 von 4'000 auf 46'000 Quadratkilometer, eine grössere Fläche als die Schweiz, verzehnfacht. Die Europäische Union ist die zweitgrösste Soja-Importeurin der Welt. Innerhalb Europas ist Deutschland der grösste Abnehmer.