AKW wird zum Kriegsschauplatz

Das AKW Saporischschja auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2009. (Ralf1969) Das AKW Saporischschja auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2009. (Ralf1969)

 

Das mit sechs Reaktoren grösste AKW Europas in Saporischschja in der Ukraine wird zum Kriegsschauplatz. Die russischen Besatzer haben es in eine Festung verwandelt. Nun werfen sich die Kriegsparteien gegenseitig den Beschuss vor.

 

In der Ukraine missbrauchen die russischen Invasoren das seit März besetzte drittgrösste Atomkraftwerk der Welt in Saporischschja als Artilleriebasis, Munitionsdepot und Festung. Schon bei dessen Eroberung waren Teile des riesigen Komplexes beschossen und teils beschädigt worden. Nun hiess es am Sonntag, 7. August, von russischer Seite, eine ukrainische Rakete habe am Samstag abend in dem Werk eingeschlagen. Verwaltungsgebäude, nur 400 Meter vom nächsten Reaktorgebäude entfernt, seien beschädigt worden, auch eine Zone, in der nukleare Brennstoffe gelagert würden, sei betroffen. Der ukrainische Betreiber des AKW, Energoatom, hatte die Attacke schon kurz zuvor gemeldet, die Rakete sei aber von russischen Streitkräften abgeschossen worden. Der ukrainische Präsident Volodimir Selenski hatte daraufhin in einem Gespräch mit Charles Michel, dem Präsident des Europäischen Rates, von «nuklearem Terror» der russischen Invasoren gesprochen und Sanktionen gegen die russische nukleare Industrie und Brennstofferzeugung verlangt. Schon am Freitag war das AKW beschossen worden. Dabei wurde eine Hochspannungsleitung beschädigt. Ein Reaktor musste abgeschaltet werden. Damit ist nur noch einer der sechs Reaktoren in Betrieb. Die beiden Kriegsparteien beschuldigten sich gegenseitig. Das von russischen Truppen besetzte AKW wird nach wie vor von ukrainischem Personal bedient. Es bestehe die latente Gefahr, dass radioaktive Teilchen freigesetzt werden, heisst es seitens der ukrainischen Betreiberfirma Energoatom.

Die Wahrheit ist das erste Opfer des Krieges. Aber es gibt keinen Zweifel, dass es die russischen Truppen sind, die Atomkraftwerke zum Kriegsschauplatz machen. Das darf man einerseits als deutliches Zeichen militärischer Schwäche deuten, nachdem es nicht gelingen will, auch nur die minimalen Kriegsziele zu erreichen, anderseits stellt diese skrupellose, zum ersten Mal in der Geschichte angewandte Kriegstaktik auch die zivile Nutzung der Atomkraft in Frage.

Rafael Mariano Grossi, Generaldirektor der Internationalen Atomenergie Agentur IAEA, äusserte sich in einer Stellungnahme «extrem besorgt». Die Artillerie-Attacken auf das AKW Saporischschja unterstrichen die «sehr realen Risiken einer nuklearen Katastrophe, die Mensch und Umwelt in der Ukraine und den Nachbarstaaten gefährden.» Er appelliere dringend an alle Parteien, «grösste Zurückhaltung in der Nähe dieses wichtigen Kraftwerks» zu üben. «Das muss aufhören. Jetzt.»  Er werde nicht aufhören, «unparteiische und unabhängige Information» über den Zustand des AKW Saporischschja zu verbreiten. Dafür brauche er die Unterstützung beider Seiten, der Ukraine und Russlands. Die russischen Besatzer, aber auch die Ukraine, haben bisher der IAEA den Zugang zum AKW verweigert. Russland zweifelt die Legitimation der IAEA an, die Ukraine betrachtet die Gewährung des Zugangs als Akt der Anerkennung der russischen Besatzung.

Der IAEA sind die Hände gebunden. Deren hauptsächliche Aufgabe ist die Förderung der zivilen Nutzung der Atomkraft. Sie kann nur im Einverständnis der Beteiligten handeln, auch wenn sowohl die Ukraine als auch Russland Mitgliedsstaaten der IAEA sind und sich grundsätzlich verpflichtet haben, die Spielregeln einzuhalten, zu denen auch der uneingeschränkte Zugang zu atomaren Anlagen gehört. Im Krieg sind diese das Papier nicht Wert.

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