Wenn die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei SVP von «Energiekrise» spricht, meint sie damit einen «Geheimplan der Linken und Grünen», der «nun aufgeht». Man könnte meinen, die SVP kramt in der Mottenkiste des Kalten Krieges, als alles, was links der Mitte war, als «von Moskau gesteuert» diffamiert wurde. Doch weit gefehlt: Von der Invasion der Ukraine und gedrosselten Gaslieferungen, explodierenden Energiepreisen, Kasse machenden Ölkonzernen (was nicht verwundert, der ehemalige SVP-Präsident Albert Rösti steht heute der Öllobbyorganisation Avenergy vor) ist keine Rede, und schon gar nicht von der Klimaerwärmung, die von der SVP als eine von vielen Klimaveränderungen der Geschichte dargestellt wird. Der Mensch spielt in dieser Lesart als Verursacher keine Rolle. Mit dieser Haltung, die nicht nur die wissenschaftliche Evidenz, sondern auch den völkerrechtlichen Konsens ignoriert, inszeniert sich die SVP als Kämpferin gegen «die Umerziehung der Bevölkerung» und den «Ausbau einer staatlichen Öko-Diktatur». In ihrem «Forderungskatalog für eine sichere, kostengünstige und unabhängige Energieversorgung» schafft es die SVP, Photovoltaik und Windkraft, die Träger der Energiezukunft, komplett aussen vor zu lassen und stattdessen eine Plan vorzulegen, der erhebliche Fördermittel von zwanzig Milliarden Franken vorsieht, mit dem Schwerpunkt Atomenergie und Wasserkraft, letzteres mit einer befristeten Aushebelung des Verbandsbeschwerderechtes, was, wie den in der Schweiz verbotenen weiteren Bau von Atomkraftwerken, mit grösster Wahrscheinlichkeit an der Urne entschieden werden müsste. Das weiss die SVP natürlich, auch wenn sie suggeriert, mit einem «Strom-General» liesse sich diese langwierigen demokratischen Prozesse mit ungewissem Ausgang beschleunigen, und sie weiss auch, dass damit das Schweizer Klimaziel, die CO2-Neutralität bis 2050, in unerreichbare Ferne rückt. Da darf es dann nicht mehr verwundern, dass die SVP den Aufschub der «CO-Reduktionsziele» verlangt. So sei es, «solange Strom nicht ausreichend und kostengünstig» gespeichert werden könne, auch nicht möglich, auf fossile Energieträger oder Atomkraft zu verzichten. Wahrscheinlich ist es in den Denkzentralen der SVP auch angekommen, dass kein einziger der AKW-Betreiber in der Schweiz auch nur daran denkt, ein neues AKW zu bauen. Stattdessen werden politische Rahmenbedingungen gefordert, die den Ausbau der neuen erneuerbaren Energien nicht noch torpedieren – was die SVP seit Jahren mit dem Inbrunst einer Lobby-Organisation betreibt. Es ist an der Zeit, die Maskerade abzulegen. Die SVP setzt weiter auf Öl und Gas.
Eine politische Kraft verkommt zur Lobby-Organisation
Die Schweizerische Volkspartei SVP vertritt als stärkste politische Kraft mehr als ein Viertel der Wählenden. In der Energiepolitik macht sie sich nicht nur zum Sprachrohr der Erdöllobby, sondern diffamiert die politischen Gegner als «Öko-Diktatoren».