Greenwashing für Atom und Gas?
- Details
- Geschrieben von Davide De Martis
Das EU-Parlament hat entschieden: Erdgas und Atomkraft gelten nun als «grüne» Energien. Von den 705 Abgeordneten widersprachen nur 278 der Kommission, die ihren Vorschlag durchsetzen konnte. Besonders Sozialdemokraten und Grüne sind über diese Entscheidung entrüstet. In Bezug auf die Taxonomie sprach Joachim Schuster, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Europa-SPD, von einer «Mogelpackung» und von «Greenwashing». Die Entscheidung beruht eher auf den Interessen der verschiedenen Mitgliedsländer und ist somit ein vorläufiger Kompromiss. Ziel der EU-Taxonomie ist ein klimaneutrales Wirtschaften bis 2050. Die Geldströme der europäischen Wirtschaft sollen in umweltfreundliche Investitionen fliessen. Ob mit Erdgas und Atomkraft die sechs Eckpunkte der Taxonomie eingehalten werden können, bleibt fraglich. Die Empfehlung gilt für beide Technologien nur befristet, in etwa solange, bis neue erneuerbare Energien in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, um auf Erdgas und Atomkraft dauerhaft verzichten zu können. Kritikerinnen und Kritiker wenden ein, damit würde die Finanzströme gerade in die falsche Richtung gelenkt. Um den Entscheid der Kommission rückgängig zu machen, bevor dieser 2023 in Kraft tritt, müssten sich mindestens 20 Länder dagegenstellen. Luxemburg und Österreich haben sich bereits dazu entschieden, gemeinsam vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Taxonomie vorzugehen. Eine notwendige Mehrheit zu erreichen, scheint jedoch ausser Reichweite.