4395 Gletscher gibt es in den Alpen. Sie bedecken eine Fläche von rund 1800 Quadratkilometern. «Alle alpinen Gletscher werden in den nächsten Jahrzehnten weiter schrumpfen, und es ist leider eine Tatsache: Die meisten Gletscher sind in Gefahr, bis zur Jahrhundertwernde komplett verschwunden zu sein.» Das sagt der Klimatologe Filippo Giorgi, Co-Autor einer Ende 2020 veröffentlichten Studie zur Entwicklung der Alpengletscher in den Jahren 1900 bis 2100. Bei allen Szenarien zur Entwicklung der CO2-Emissionen, also auch, wenn es gelingen sollte, die Klimaerwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, wird sich die sogenannte Gleichgewichtslinie ELA unaufhaltsam nach oben verschieben. Gemeint ist die theoretische Höhe, an der sich Zuwachs und Verlust die Waage halten. Je höher diese wandert, desto unausgeglichener wird der Massenhaushalt des Gletschers: Er beginnt zu schrumpfen. Lag diese Linie in den Alpen vor hundert Jahren noch auf knapp 3000 Meter, so sind es heute schon über 3200 Meter, und bis ins Jahr 2100 dürfte diese beim erreichten Zwei-Grad-Ziel auf knapp 3300 Meter steigen. Sieben von zehn Gletschern wären dann verschwunden. Im schlimmsten Fall, der eintritt, wenn die CO2-Emissionen im bisherigen Ausmass weiter steigen, wären neun von zehn Gletschern abgeschmolzen. «Das Verschwinden der Gletscher hätte enorme Folgen für die alpinen Ökosysteme. Vor allem im Sommer wäre mit einem erheblichen Wassermangel auch für den Menschen zu rechnen», sagt Giorgi.
Ein interdisziplinäres Team österreichischer Forscher hat am Beispiel des Hallsteiner Gletschers diesen dramatischen Schwund mit einem modellierten Zeitraffer sichtbar gemacht. Es ist ein beklemmendes Bild, das da gezeichnet wird. Die Fläche hat sich seit dem Höchststand Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als halbiert auf noch 2,6 Quadratkilometer, das Volumen ist auf fast einen Viertel gesunken. Bis 2100 werden es, wenn nichts geschieht, noch kümmerliche 0,3 Quadratkilometer sein, das Volumen wird um das Hundertfache abgenommen haben.