Sybille Corblet Aznar, ACRO

"Uns geht es um die Sache, nicht um Gegnerschaft"

Sibylle Corblet Aznar, 60, Mitarbeiterin für Kommunikation bei ACRO. Sie wohnt in Cledy im Calvados.

„Ich bin eine Mitarbeiterin der ersten Stunde bei ACRO. Mich hat der Reaktorunfall von Tschernobyl aufgewühlt und die Angst, dass so etwas auch hier passieren könnte. Selbstverständlich sagte man uns vorher, ein Reaktorunfall mit einer Verseuchung der Umwelt könne nur alle hunderttausend Jahre oder so vorkommen. Als es doch geschah, sagte man, das sei in der Sowjetunion, die Kernkraftwerke in Frankreich seien sicher. Ich hatte kleine Kinder und machte mir Sorgen. Die Kommunikation über den Unfall von Tschernobyl war in Frankreich sehr schlecht. Ich glaube, man wollte hier keine kritischen Fragen hören. Es gab eine Art Omertá, ein unausgesprochenes Schweigegebot. Wer sich gegen die eigene Kernenergie stellte, bekam zu hören, man spucke nicht in die eigene Suppe. Das gehöre sich nicht. So erging es jedenfalls mir. Als Krankenschwester interessierte ich mich natürlich auch für die Krebsfälle. Es gibt Hinweise, dass gewisse Krebsarten häufiger vorkommen und eine Untersuchung, die aber schon über zehn Jahre alt ist, scheint dies zu bestätigen. Der Arzt damals wurde aber scharf kritisiert und seither gibt es keine neuen Studien mehr. Ich entschied mich, bei ACRO mitzuarbeiten, weil wir nicht polemisieren und Slogans kreieren, sondern messen. Die Resultate sind unbestreitbar. Nur über die Interpretation kann man streiten. Unsere Messungen und Interpretationen publizieren wir in der eigenen Zeitschrift „Chronique du nucléaire“.  Sie erscheint viermal jährlich. Wir sind schon bei der Ausgabe 111. Ausserdem veröffentlichen wir die Informationen auch im Internet. Ich möchte betonen, das ACRO unabhängig ist. Wir interessieren und nicht für die Wahl eines Energieträgers, sondern wir kritisieren die Art und Weise, wie Atomenergie gemacht wird. Wir sind keine politische Partei. In dem oft aufgeheizten Klima reden die Beteiligten aneinander vorbei. Uns geht es aber um die Sache, um die bestmögliche Qualität der Produktion und Arbeit in Kernkraftwerken, nicht um Gegnerschaft.»


zum Weiterlesen:

ACRO: Ein Kind Tschernobyls