Nordkorea: Willkommen im Club

Mit 34 Atombomben auf chinesische Städte wollte der us-amerikanische General Douglas Mc Arthur 1951 das maoistische China zwingen, die Invasion Südkoreas zu beenden. Sein Chef, US-Präsident Harry Truman, lehnte ab und entliess den Heerführer kurz darauf. Die Begründung: Er habe mit seiner Forderung eines Atomkrieges gegen China den «falschen Krieg am falschen Ort zur falschen Zeit und mit dem falschen Gegner» führen wollen. Truman sah in der stalinistischen Sowjetunion den wahren Feind, China und Nordkorea betrachtete er nur als deren Marionetten. Die Sowjetunion verfügte 1951 selbst seit zwei Jahren über Atomwaffen und sorgte damit für ein Gleichgewicht des Schreckens, das die Amerikaner zur Räson zwang. Der Koreakrieg sollte noch zwei weitere Jahre andauern. Die Amerikaner verheerten Nordkorea mit einem konventionellen Bombenteppich, darunter mehr Napalm, als im ganzen Vietnamkrieg zum Einsatz kam. Vier Millionen Menschenleben kostete der Koreakrieg. Er endete in einem Waffenstillstand an derselben Demarkationslinie, an der er begonnen hatte. Sie markiert bis heute die Grenze zwischen Nord- und Südkorea.
Der Geist, der mit Zündung Abwurf der ersten Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki für immer aus der Flasche gelassen wurde und amerikanische Generäle auf atomare Flächenbombardements setzen liess, macht heute aus den Ärmsten und Skrupellosesten ernst zu nehmende, furchtbare Gegner mit einer Drohkulisse, die das Leben von Millionen Menschen gefährdet. Nordkorea, beherrscht von einem sich kommunistisch gebärdenden Familienclan, ist mausarm, doch die Herrschenden leisten sich den zynischen, menschenverachtenden Luxus eines Atomwaffenprogrammes, und sie meinen es Ernst damit. Ungefähr zehnmal stärker als die Hiroshima-Bombe war die nordkoreanische Atombombe, deren unterirdische Zündung die Erde mit einem Beben der Stärke 6,3 erzittern liess – und damit die ganze Welt. Auch wenn es wahrscheinlich keine Wasserstoffbombe, die schrecklichste aller Atomwaffen, war, so ist Nordkorea heute eine Atommacht wie alle anderen auch. Es kommt dabei weniger auf die Zahl der Sprengköpfe an als auf die Wirkung, die sie entfalten könnten. Die Opferzahlen von Atombombenabwürfen auf die südkoreanische Hauptstadt Seoul oder die japanische Metropole Tokio gingen in die Millionen. Und seit kurzem lässt sich nicht mehr ausschliessen, dass auch amerikanische Grossstädte in Reichweite nordkoreanischer Atomwaffen gelangt sind.
Tatsächlich bleibt es sehr unwahrscheinlich, dass Nordkorea von seinen Atomwaffen Gebrauch machen wird. Die Machthaber müssten, wie alle anderen Atommächte auch, mit einem atomaren Gegenschlag rechnen – und mit dem eigenen Sturz. Das werden sie nicht riskieren, solange sie bei Sinnen sind. Die Regierenden in allen weltpolitischen Lagern werden froh sein, wenn es zu keiner Eskalation kommt. Und sie werden es im eigenen Interesse zu verhindern wissen. Das grösste Opfer bringt, wie immer, die nordkoreanische Bevölkerung, die jetzt mit neuen, noch härteren Wirtschaftssanktionen rechnen muss. Und auch wenn es zu Verhandlungen kommen sollte, die zumindest den Status Quo einfrieren und damit faktisch Nordkorea in den exclusiven Club der Atommächte aufnehmen: Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un, ein Stalinist durch und durch, hat seine Macht zementiert.